Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Behandlungsverhältnis
Der Bundesgerichtshof hat zur Frage, ob ein Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Behandlungsverhältnis vorliegt ausgeführt, dass es für die Beurteilung auf die konkrete Art und Intensität des Beratungs-, Behandlungsverhältnisses ankomme.
Im zugrunde liegenden Fall war der Angeklagte Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und als solcher u. a. in der JVA Straubing und als stellvertretender Chefarzt einer forensischen Abteilung tätig. Seit 2001war er als freier forensischer Gutachter tätig und lernte in dieser Funktion 2007 die Zeugin kennen.
§ 174 c StGB dient dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in Situationen, in denen dieses Rechtsgut aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der durch Krankheit oder Behinderung belasteten Rechtsgutträger und der Eigenart von Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses typischer Weise besonders gefährdet ist. Vor dem Hintergrund der innerhalb von Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses üblicherweise bestehenden Vertrauens- und Abhängigkeitsbeziehungen soll ein Missbrauch desselben durch sexuelle Handlungen verhindert werden. Kommt es im Zusammenhang mit einem solchen Verhältnis zu sexuellen Handlungen zwischen dem behandelnden Arzt und einem Patienten, kann ein Missbrauch auch vorliegen, wenn das Opfer mit dem Sexualkontakt einverstanden ist.
An einem Missbrauch in dem vom Gesetz vorgesehen Sinne fehlt es aber, wenn der Täter nicht eine aufgrund des Beratungs,- Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausgenutzt hat.
BGH 1 StR 24/16, Beschluss vom 29.06.2016