Beweisanträge im Wienand-Prozess

Das Neue Deutschland berichtet am 24.05.1996 über 53 neue Beweisanträge im Wienand-Prozeß. Eigentlich sei für den 56. Verhandlungstag im Düsseldorfer Oberlandesgericht die Fortsetzung des Plädoyers der vier Verteidiger Wienands und Völkes vorgesehen gewesen. Die Anwälte würden jedoch nach dem derzeitigen Stand die Gefahr sehen, daß der vierte Senat den Anträgen der Bundesanwälte Lampe und Schmidt folge. Die hätten am 24.04.1996 wegen Agententätigkeit drei Jahre Haft für Wienand plus 1 Million DM Geldstrafe sowie neun Monate auf Bewährung für den Mitangeklagten Offizier der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatsicherheit gefordert. Um die Unschuld ihrer Mandanten beweisen zu können, hätten die Wienand-Anwälte das Gericht gestern mit 53 neuen Anträgen konfrontiert. Rechtsanwalt Frank Langen verlaß drei Stunden lang die Beweisanträge. Der Grund: Die Wienand Verteidiger monierten, daß die Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer zahlreiche Zeugen der HVA und der SPD entweder falsch oder unvollständig zitiert haben.

Jetzt sollen weitere Prominente Zeugen Licht ins Dunkle bringen. So der langjährige Chef der DDR-Auslandsspionage Markus Wolf, die Parteivorsitzenden Helmut Kohl und Oskar Lafontaine, Theo Weigel sowie Wolfgang Gerhardt und der Ex-Botschafter Valentin Falin. Außerdem solle der Ex-Bundestagspräsident, Philipp Jeninger, der Wienand als Zeuge entlastet habe, den prominenten SPD-Politikern Johannes Rau, Hans-Joachim Vogel, Ehrenberg, Wolfgang Roth und Egon Bahr gegenüber gestellt und weitere Dokumente verlesen werden. Ziel der Anträge sei es zu beweisen, daß Karl Wienand einen normalen politischen Gesprächskontakt in die DDR gehabt habe. Er habe bis zuletzt an die Legende seines Gesprächspartners, dieser sei vom Ministerrat der DDR, geglaubt. Wienand habe sich nie konspirativ mit ihm getroffen, sondern sei von dem HVA-Mann abgeschöpft worden. Der SPD Mann habe nicht, wie behauptet, 10.000,00 DM Agentenlohn im Monat erhalten und auch sonst keine materiellen Vorteile gehabt. Vielmehr habe Wienand immer im Auftrage und mit Wissen von Herbert Wehner und anderen Zeitzeugen den vertraulichen politischen Dialog mit der DDR gepflegt.