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Bürgermeister-„Lustreisen“

Am 13.01.2009 berichtete der Kölner Stadtanzeiger unter der Überschrift „Außer Spesen ist fast nichts gewesen“ über Kommunalpolitiker, die sich vor Gericht für ihre „Lustreisen“ verantworten müssen. Elf Kommunalpolitiker aus dem Oberbergischen Kreis und aus Overath hätten es sich von 2001 bis 2003 bei den Einladungen der Gasgesellschaft Aggertal und der Wipperfürther Bergischen Energie-und Wasser GmbH gut gehen lassen. Am Montag haben die Kommunalpolitiker, aber auch die damaligen Geschäftsführer der Energieversorger vor dem Gummersbacher Amtsgericht gestanden – angeklagt wegen Vorteilsannahme und Untreue. Anderthalb Stunden lang habe der Kölner Staatsanwalt Hoogendoorn die Liste der Vergnügungsreisen verlesen. Eigentlich sei das Thema „Lustreisen“ längst gegessen gewesen: Als im Mai 2005 die Staatsanwaltschaft Köln durch eine anonyme Anzeige auf die Reisen von Kommunalpolitikern aufmerksam geworden sei, die von den Energieversorgern bezahlt worden waren, löste dies eine Welle von Ermittlungen aus.

Inzwischen sei gegen 1300 Beschuldigte ermittelt worden, die meisten Verfahren seien gegen Rückzahlung der Reisekosten und einer Geldbuße eingestellt worden. Nur in kleinen Häppchen seien die Details über die „Lustreisen“ in die Öffentlichkeit gelangt, weil man sich mit den Gerichten schon vor der Eröffnung der Hauptverhandlung geeinigt hatte. Doch nicht in der oberbergischen Kreisstadt Gummersbach. Das flächendeckende „Belohnungssystem“ der Energiewirtschaft wollte Amtsrichter Peter Sommer „nicht unter den Teppich kehren“. Im vorigen Jahr habe er die Einstellung der Strafverfahren verweigert und die Akten zurück an die Staatsanwaltschaft Köln geschickt. Gestern sei die Hauptverhandlung – wegen des erwartungsgemäßen Medienrummels nicht im kleinen Amtsgerichtssaal, sondern im benachbarten katholischen Gemeindehaus- eröffnet worden.

Die Kölnische Rundschau berichtete in der Ausgabe vom 13.01.2009 über „Dolce-Vita“ –Reisen vor Gericht. Acht Jahre nach einer umstrittenen Rom-Reise von Kommunalpolitikern, Verwaltungsbeamten und Führungspersonal der regionalen Versorger Aggergas und Bergische Energie und Wasser habe das Amtsgericht Gummersbach im eigens dafür eingerichteten Jugendheim die Hauptverhandlung gegen 14 Angeklagte eröffnet. Im Amtsgericht wäre der Saal zu klein gewesen. Der zentrale Vorwurf in allen Fällen: Die Reisen hätten lediglich touristischen Wert gehabt und in keinem fachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben der Aufsichtsratmitglieder und der Mitglieder der Vertreterversammlungen gestanden. Die Staatsanwaltschaft Köln habe die Ermittlungen ursprünglich einstellen wollen, sich aber mittlerweile der Auffassung des Gummersbacher Amtsgerichts angeschlossen.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 13.01.2009 über Kommunalpolitiker die in Nordrhein-Westfalen wegen Luxusreisen auf Kosten von Energiekonzernen vor Gericht stehen würden. 14 Kommunalpolitiker und Manager kommunaler Energieunternehmen müssten sich seit Montag vor dem Gummersbacher Amtsgericht verantworten. Den Angeklagten, zu denen vier amtierende und zwei ehemalige Bürgermeister aus dem Oberbergischen Kreis zählen, würde Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung und Untreue vorgeworfen. Im Mittelpunkt der Anklage stehe eine dreitägige Rom-Reise des Aufsichtsrates der Gasgesellschaft Aggertal im Juni 2000. Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft habe ein bei Thyssen Gas für solche Events eigens eingerichtetes Reisebüro unter dem Motto „Rom de Luxe – Dolce Vita in der ewigen Stadt“ ein klassisches Touristenprogramm für eine 50-köpfige Delegation, der neben den im Aggertal-Aufsichtsrat sitzenden Bürgermeister und Beigeordneten auch deren Ehefrauen angehörten, organisiert.

Am 13.01.2009 berichtete die Berliner Zeitung über 14 Angeklagte in der Lustreise-Affäre. In dem ersten großen Strafprozeß in der Lustreisen-Affäre in Nordrhein-Westfalen müssten sich seit gestern 14 Kommunalpolitiker und Manager kommunaler Energieunternehmen vor dem Gummersbacher Amtsgericht verantworten.

Der Express berichtete am 13.01.2009 über den „Korrupti-Prozess im Pfarrsaal“. Im maroden Saal der Gemeinde St. Franziskus würden in Reihen wie in der Schule erwachsene Männer sitzen und zur Bühne schauen. Doch statt einer Theatergruppe säße dort das Schöffengericht des Amtsgerichts Gummersbach. Weil es keinen ausreichend großen Gerichtssaal in Gummersbach gab, habe das Gericht bei der Kirchengemeinde den Saal anmieten müssen. Ein Saal der Kommune sei nicht in Frage gekommen, weil auch der Kämmerer mit auf der Anklagebank säße. Sollten in den nächsten Sitzungen einige der Angeklagten Reue zeigen, wäre durchaus damit zu rechnen, dass das Verfahren vor April zu Ende gehe. „Wir werden uns bemühen, die Verfahrensdauer zu verkürzen“, so der Kölner Strafverteidiger Frank Langen, der den Ex-Bürgermeister von Overath, Heinz-Willi Schwamborn, vertritt.

Die Welt am Sonntag berichtete am 25.01.2009, das für zehn Angeklagte das Verfahren gegen Zahlungsauflage beendet worden sei. Der Richter habe angeboten, dass man über Bußgelder und Einstellungen des Verfahrens sprechen könne. Bei zehn der Angeklagten habe die Staatsanwaltschaft nur eine geringe Schuld gesehen und sich bereit erklärt, die Einstellung des Verfahrens mitzutragen. Nach einem Gerichtsbeschluss vom vergangenen Freitag werden sie die doppelten Teilnehmerkosten für die Reise entrichten. Das Bußgeld schwankt zwischen 1500 € beim Bürgermeister von Engelskirchen und 13500 beim ehemaligen Bürgermeister von Overath. Gegen vier der verbliebenen Angeklagten werde weiter verhandelt.

Der Kölner Stadtanzeiger vom 24./25. Januar 2009 berichtete darüber, dass das Verfahren gegen Politiker eingestellt worden sei. Zehn der Beschuldigten im „Lustreisen“-Prozess seien mit der Zahlung von Geldbußen davon gekommen. Leibesvisitationen mussten die Beteiligten und Zuschauer des „Lustreisen-Prozesses“ am Freitagmorgen über sich ergehen lassen, bevor sie das zum Gerichtssaal umfunktionierte Katholische Jugendheim in Gummersbach betreten durften. Wegen einer anonymen Drohung gegen das Gericht habe der Richter diese Vorsichtsmaßnahmen angeordnet. Danach sei für zehn der 14 Angeklagten das Verfahren schnell zu Ende. Die Anklagen wegen Vorteilsannahme werde eingestellt, wenn die Bürgermeister, Beigeordneten und Ratsmitglieder bis zum 31. April Geldbußen von 1500 bis 13500 € in die Landeskasse einzahlen. Das Amtsgericht habe zunächst 22 Prozesstage bis in den April zur Klärung der „Lustreisen“ angesetzt. Für zehn Kommunalpolitiker, die in der Gesellschafterversammlung saßen, sei der Prozess mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße vorläufig zu Ende. Und damit auch die Berichterstattung in den Medien. Viele hätten sich vom Gericht auch dadurch „an den Pranger gestellt“ gefühlt. Über ihre Rechtsanwälte haben alle Beteiligten ihr Bedauern geäußert und bekundet, in Zukunft nicht mehr an solchen Reisen teilzunehmen. Doch keiner der ansonsten redegewandten Bürgermeister, Beigeordneten und Ratsherren habe selbst das Wort ergriffen. In einer Presseerklärung, die acht Rechtsanwälte für ihre Mandanten abgaben, wird die „Rechtslage als hoch streitig“ bezeichnet. „ Die Aufklärung hätte einen Ermittlungsaufwand erfordert, der in keinem angemessenen Verhältnis zu den erhobenen Vorwürfen gestanden hätte“.